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Japanisches Bogenschießen

Tsunomi No Hataraki + Verwindbarkeit des Yumi =
Archer's Paradox

Um die Drehung des Bogens im Abschuss, die in der Heki Schule besonders betont wird, ranken sich viele Überlegungen fachlich erklärender und zweifelnder Natur, die letztlich am Kern der Sache vorbeigehen. Im deutschen Lehrbetrieb der Heki Schule in Deutschland wird – soweit mir bekannt – vertreten:

 Durch die Drehung des Bogens im Abschuss nach links wird dem Pfeil der direkte Weg ins Ziel freigegeben, d.h. der Pfeil fliegt mittels der dem Pfeil ausweichenden Drehung des Bogens genau in die Richtung, in die er vor dem Abschuss zeigt. Eine Ablen,kung des Pfeils durch den Bogen wird durch das Wegdrehen vermieden. 

Manche bezweifeln die Effektivität des Bogendrehens. Aus den bis vor kurzem vorliegenden Videoaufnahmen wird eine Bewegung des Bogens nach links - während der Pfeil sich noch in der Bogen-Sehne-Ebene befindet - kaum sichtbar. Ein deutliche Links-Bewegung des Bogens wird dann sichtbar, wenn der Pfeil bereits die Bogen-Sehne-Ebene verlassen hat. 

Als Erklärung dafür, warum das Drehen ohne Effekt sei, dient das Argument: Die Bogen-Hand könne in den ca. 2/100 Sekunden, in denen der Pfeil nach dem Release beschleunigt wird, nicht hinreichend schnell agieren. 

Aus einer anderen Sicht wird behauptet: Der Pfeil würde sich auch ohne Drehbemühung durch den Archer’s Paradox- Effekt um den Bogen winden und das Ziel treffen. 

Durch die in letzter Zeit von Tsukuba ins Netz gesetzten High-Speed-Aufnahmen scheinen die Zweifler bestätigt zu werden. Wir sehen, dass beim Abschuss durch Menschen noch geringer als beim Abschuss durch die Maschine eine deutliche Drehung des Bogens erst im letzten Abschnitt der Beschleunigungsphase einsetzt und erst nachdem der Pfeil die Bogen-Sehne-Ebene verlassen hat zur vollen Ausführung kommt. Außerdem ist zu sehen, dass der Pfeil durch einen starken Archer’s Paradox-Effekt um den Bogen herum gelenkt wird. 

Zusammenfassend kann gesagt werden: Der Pfeil scheint sich wesentlich mehr um den Bogen herum zu bewegen als dass der Bogen dem Pfeil den Weg freigibt. 

Was ist wahr und was ist Legende? Können wir unseren Augen trauen? 

Fangen wir beim Phänomen des Archer’s Paradox an: 

Der Archer’s Paradox-Effekt bei westlichen Bögen, wie z.B. Langbogen und Jagdrecurve, hängt vom Ablass der Sehne durch die Finger ab. Die Finger entlassen die Sehne/Nocke nicht einfach gerade auf die Bogeninnenseite zu. Beim Release erfährt die Sehne einen Impuls sich aus der Bogen-Sehne-Ebene wegzubewegen und den Pfeil zu verbiegen - in der Auswirkung ähnlich wie weiter unten im Zusammenhang mit dem japanischen Langbogen beschrieben Ein mechanisch gelöster Pfeil hingegen wird kaum deformiert und wird am Bogen entlang ausgelenkt. Ein Archer’s Paradox-Effekt findet nicht statt. Um die Drehung des Bogens im Abschuss, die in der Heki Schule besonders betont wird, ranken sich viele Überlegungen fachlich erklärender und zweifelnder Natur, die letztlich am Kern der Sache vorbeigehen. Im deutschen Lehrbetrieb der Heki Schule in Deutschland wird – soweit mir bekannt – vertreten: Durch die Drehung des Bogens im Abschuss nach links wird dem Pfeil der direkte Weg ins Ziel freigegeben, d.h. der Pfeil fliegt mittels der dem Pfeil ausweichenden Drehung des Bogens genau in die Richtung, in die er vor dem Abschuss zeigt. Eine Ablenkung des Pfeils durch den Bogen wird durch das Wegdrehen vermieden. Manche bezweifeln die Effektivität des Bogendrehens. Aus den bis vor kurzem vorliegenden Videoaufnahmen wird eine Bewegung des Bogens nach links - während der Pfeil sich noch in der Bogen-Sehne-Ebene befindet - kaum sichtbar. Ein deutliche Links-Bewegung des Bogens wird dann sichtbar, wenn der Pfeil bereits die Bogen-Sehne-Ebene verlassen hat. Als Erklärung dafür, warum das Drehen ohne Effekt sei, dient das Argument: Die Bogen-Hand könne in den ca. 2/100 Sekunden, in denen der Pfeil nach dem Release beschleunigt wird, nicht hinreichend schnell agieren. Aus einer anderen Sicht wird behauptet: Der Pfeil würde sich auch ohne Drehbemühung durch den Archer’s Paradox- Effekt um den Bogen winden und das Ziel treffen. Durch die in letzter Zeit von Tsukuba ins Netz gesetzten High-Speed-Aufnahmen scheinen die Zweifler bestätigt zu werden. Wir sehen, dass beim Abschuss durch Menschen noch geringer als beim Abschuss durch die Maschine eine deutliche Drehung des Bogens erst im letzten Abschnitt der Beschleunigungsphase einsetzt und erst nachdem der Pfeil die Bogen-Sehne-Ebene verlassen hat zur vollen Ausführung kommt. Außerdem ist zu sehen, dass der Pfeil durch einen starken Archer’s Paradox-Effekt um den Bogen herum gelenkt wird. Zusammenfassend kann gesagt werden: Der Pfeil scheint sich wesentlich mehr um den Bogen herum zu bewegen als dass der Bogen dem Pfeil den Weg freigibt. Was ist wahr und was ist Legende? Können wir unseren Augen trauen? Fangen wir beim Phänomen des Archer’s Paradox an: Der Archer’s Paradox-Effekt bei westlichen Bögen, wie z.B. Langbogen und Jagdrecurve, hängt vom Ablass der Sehne durch die Finger ab. Die Finger entlassen die Sehne/Nocke nicht einfach gerade auf die Bogeninnenseite zu. Beim Release erfährt die Sehne einen Impuls sich aus der Bogen-Sehne-Ebene wegzubewegen und den Pfeil zu verbiegen - in der Auswirkung ähnlich wie weiter unten im Zusammenhang mit dem japanischen Langbogen beschrieben.

Ein mechanisch gelöster Pfeil ohne Verwindung des Bogens  hingegen wird kaum deformiert und wird am Bogen entlang ausgelenkt. Ein Archer’s Paradox-Effekt findet nicht statt.

Dies ist auch den Highspeed-Aufnahmen aus Tsukuba deutlich zu entnehmen. Wenn mechanisch gelöst wird, ohne dass die Maschine auf Drehung eingestellt ist, gibt es keinen Archer's Paradox-Effekt. Allerdings wird beim japanischen Langbogen bei ebenfalls mechanischem Ablass von der Maschine, sofern sie auf Drehung des Bogens eingestellt ist, ein sehr deutlicher Archer’s Paradox-Effekt sichtbar. Worauf ist dies zurückzuführen: Das Geheimnis liegt in der Verwindbarkeit des japanischen Bogens um seine Längsachse herum, die ihm seine Einzigartigkeit verleiht. Ob jetzt durch die Maschine oder durch den Einsatz der linken Hand im Tsunomi No Hataraki: Der Bogen wird beim Aufspannen bis zum Abschuss hin vom Griffbereich her im Gegenuhrzeiger-Sinn physisch verdreht. Dies hat zur Folge, dass die Bogenarme, der obere längere mehr als der kürzere und stärkere untere, im Uhrzeiger-Sinn wie eine Feder verdrillt und gespannt werden. Es entsteht durch die Verwindung des Bogens zusätzlich zum Energiepotential durch das bloße Aufspannen des Bogens in der Bogen-Sehne-Ebene ein zweites Energiepotential, das auf einer horizontalen Ebene, die etwa im rechten Winkel zu dieser Bogen-Sehne-Ebene anzusetzen ist, beim Release in Wirkung tritt. Beim Release hat das die Folge, dass die Sehne/Nocke nicht einfach auf die Bogeninnenseite zu transportiert wird. Sehne/Pfeil wird im Nockenbereich im Gegenuhrzeigersinn rechts horizontal aus der Bogen-Sehnen-Ebene herausbewegt. Da der vordere Teil des Pfeils am Bogen anliegt, kommt es durch diesen Impuls zu einer starken Verbiegung des Pfeiles, bei der Spitze und Nocke von der Bogen-Sehne-Ebene wegdeuten. Diese erste Verbiegung des Pfeiles ist der erste Teil des auftretenden Archer’s Paradox-Effekts. Mit dem darauf folgenden Impuls schnellt der Pfeil aus der ersten Verformung heraus in die gegenteilige Verbiegung - Biegung um den Bogen, Spitze und Nocke deuten in die Bogen-Sehne-Ebene hinein - und wird von der Sehne, die weiterhin tendentiell rechts von der Bogen-Sehne-Ebene ihren Weg macht, am Bogen vorbeigeführt. Erst am Ende dieser Phase, kurz bevor der Pfeil sich von der Sehne löst, setzt eine Bewegung der äußeren Bogenkante nach links ein. 

Ein mechanisch oder vom Menschen gelöster Pfeil mit ausreichend angesetzter Drehung des Bogens durch Schieß-Maschine bzw. Bogenhand windet sich um den Bogen herum und fliegt wohin er vor Abschuß gezeigt hat




Diese Beobachtungen passen mit den physikalischen und biomechanischen Bedingungen des japanischen Bogenschießen mit einem starken Tsunomi No Hataraki überein. Tsunomi no Hataraki bedeutet die Arbeit der Tsunomi. Es ist das kraftvoll genaue Einwirken der linken Hand auf den Bogen mittels der Tsunomi, der Andruckfläche an der Daumenwurzel, auf die rechte Bogeninnenkante. Die Kernfunktion dieser Arbeit ist es der Verwindung des Bogens beim Aufspannen standzuhalten und beim Abschuß nach links zu drehen, zusätzlich zum Standhalten eine Kraftimpuls zu leisten.. Das durch die Verwindung vor dem Release in den Bogen gebrachte horizontal wirkende Energiepotential wird unmittelbar mit dem Release frei. Es beginnt innerhalb einer tausendstel Sekunde auf den Pfeil einzuwirken und ihn innerhalb weniger tausendstel Sekunden - in relativ langsamen High-Speed-Aufnahmen sichtbar für uns- zu verbiegen. Sie ist das physikalische Produkt der aufgespannten und mit dem Release freiwerdenden Kräfte. Die biomechanische Arbeit der linken Hand, die das Release herbeiführt und mit dem Release in Bewegung kommt, ist langsamer und wird erst nach mehr als einer hunderstel Sekunde deutlich sichtbar. Das Geheimnis der Arbeit der Tsunomi ist eng verwoben mit dem jetzt aufgedeckten Geheimnis des Zusammenhangs von Verwindung und Verwindbarkeit des japanischen Langbogens und dem Phänomen des Archer’s Paradox-Effekts. Die Form des japanischen Langbogens und die in Schichtbauweise verarbeiteten Materialien Bambus und Holz tragen das Potential für eine derartige Schießtechnik in sich. Der Bau des japanischen Langbogens ist eine Kunst für sich. Das Verdienst der Ahnen der Heki Schulen aber ist es dieses Zusammenspiel von genialer Bogenbauweise und einer Schießtechnik, die konsequent mit dem Archer’s Paradox-Effekt arbeitet, zu größter Effektivität entwickelt zu haben. Nicht umsonst wird in der Heki Ryu Insahi Ha, der in Deutschland mehrheitlich ausgeübte Kyudo-Schulrichtung, die Arbeit der linken Bogenhand, das Tsunomi No Hataraki, an erster Stelle genannt, wenn es um das Erlernen dieser Schießtechnik geht. Sie ist für das Erreichen eines angemessenen Archer's Paradox-Effekt und damit für ein Pfeil-fliegt-wohin-er-zeigt essentiell. Außerdem zeigt sich in der Nutzung des Archer’s Paradox-Effekts eine weitere Verbindung von traditionellem westlichen und dem japanischen Bogenschießen.



Fazit:



Die intensive Standhalten der linken Hand, durch das sog. tsunomi no hataraki beim Aufspannen und der über das Standhalten hinausgehende Kraftimpuls durch das tsunomi no hatarakiauf die rechte Bogenkante im hanare/Lösen ist wesentliche Ursache für die Richtung des Pfeilflugs. Angemessen ausgeführt, was Beschaffenheit des Bogens und Pfeils betrifft, wird der Pfeil in die Richtung fliegen, in die der Pfeil vor dem Release zeigt. Es ist richtig, dass der Pfeil mehr um den Bogen herumgeführt wird, als dass der Bogen dem Pfeil den Weg freigibt. Aber ohne Verwindung des Bogens durch das Aufspannen vor dem Release käme es zu keinem brauchbaren Archer’s Paradox-Effekt. Die tatsächliche eintretende, relativ geringe Ausweichbewegung des Bogens nach links durch den einsetzenden Bewegungsimpuls durch tsunomi no hataraki, bevor der Pfeil die Sehne verlässt, trägt vermutlich ein Letztes dazu bei, dass der Pfeil vollends sicher am Bogen vorbeigeführt wird. Verwindung des Bogens vor dem Release, Übergehen in tatsächliche Drehbewegung/Bewegung des Bogens nach links nach dem Release und Vollendung der Drehbewegung, wenn der Pfeil bereits das Bogen-Pfeil-System verlassen hat, sind 3 Phasen der einen komplexen tsunomi no htaraki (Arbeit der Tsunomi) am Bogen. Mit dieser Beschreibung ist die Komplexität der zu leistenden Arbeit der linken Bogenhand, mal abgesehen von der Komplexität der Zusammenarbeit von linker und rechter Hand, was die Erzeugung eines hinreichendenArcher’s Paradox-Effekt betrifft im Grundsatz dargestellt.

Tübingen, 24.11.2009 zuletzt am 27.11.2023 überarbeitet © dieser site: O.Buncsak

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